Walter Kahrer lädt demnächst zur großen Abschieds-Party. 18 Jahre lang leitete er die Geschicke des AMS Baden.
Gehen Sie mit einem lachenden oder einem weinenden Auge in den Ruhestand?
Walter Kahrer: Sowohl als auch. Weinend, weil ich hier beim AMS eine spannende Geschichte aktiv mitgestalten durfte. Lachend, weil ich nun mehr Zeit für mein Bürgermeis-teramt in Felixdorf habe.
Würden Sie gerne länger arbeiten?
Ich arbeite ja weiter — offiziell bin ich auf Altersteilzeit und mein Bürgermeisteramt fordert mich. Ich stehe zum Länger-Arbeiten, weil ich gesund bin und Freude an der Arbeit habe.
Welche Eigenschaften waren für Sie als AMS-Chef wichtig?
Toleranz und Verständnis. Arbeitslosigkeit ist eine der schlimmsten Situationen überhaupt. Wir haben aktuell eine Arbeitslosenquote von 7,7 % der Bevölkerung in Baden und Umgebung — 4585 Personen. Für sie alle habe ich mich zuständig gefühlt.
Waren Sie je selbst einmal arbeitslos?
Ja, nach meiner Ausbildung zum Feinmechaniker, ich war schon Geselle. Dann bekam ich mit 22 eine Kontaktallergie und musste umsatteln. Ich habe 1973 als Hilfskraft in der Verwaltung beim damaligen Arbeitsamt begonnen und mich bis 1994 hinaufgearbeitet, als ich die Leitung bekam.
Vergleichen Sie Ihren ersten und Ihren letzten Arbeitstag als AMS-Chef. Was hat sich geändert?
Wir waren damals noch das Arbeitsamt in der Palffygasse in Baden. Dann hießen wir kurz Arbeitsmarktverwaltung und jetzt Arbeitsmarkt-Service. Es war die Wandlung von einer Behörde zu einer Dienstleis-tungseinrichtung. Zu Beginn hatte ich 37 Mitarbeiter und ca. 3500 Arbeitslose. Heute haben wir 51 Mitarbeiter, und mehr Autonomie. Wir können die Arbeitsmarktpolitik aktiv mitgestalten.
Welche Probleme gibt es?
Die Aggressivität der Kunden nimmt aus verschiedenen Gründen zu. Es ist schon zu Verbalattacken gekommen.
Security für die Mitarbeiter?
Es gibt schon Geschäftsstellen, die das probieren, vor allem in Wien. Bei uns in Baden gibt es bei Problemen eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Alle Mitarbeiter können auch untereinander um Hilfe rufen, wenn es bedrohlich wird. Einstweilen sind unsere Maßnahmen präventiv, denn richtig gefährlich war es bisher noch nicht. Aber die Mitarbeiter haben schon ein gestiegenes Sicherheitsbedürfnis.
Welchen AMS-Kurs würden Sie selbst gern besuchen?
Alles im Bereich Green Jobs, mit Umweltschutz, Energiespartechniken, Energieberater. Aber auch medizinisch-technische Berufe und eine Ausbildung im Pflegebereich haben heute Zukunft.
Was braucht der Arbeitsmarkt der Zukunft?
Facharbeiter. Das Image der Lehre muss gehoben werden.Man muss den Jungen eine Chance geben — und auch den Menschen über 50. Die Jungen müssen sich etwas aufbauen und beweisen können. Wer Ältere rausschmeißt, verzichtet auf viel Erfahrung. Leider passiert das heute zu oft.