Wenn das Geld knapp wird, ist der Weg zur Schuldnerberatung oft nicht mehr weit.
Frau Peck, wie gefährlich ist der Konsumrausch zu Weihnachten?
Mag. Anna Peck: Er ist nicht die größte Gefahr. Menschen, die sich durch den Kauf von Weihnachtsgeschenken verschulden, sind schon vorher mit 10.000en Euros verschuldet. Weihnachten ist da nur der Tropfen auf den heißen Stein.
Im Jänner verzeichnen die Schuldnerberatungen jedes Jahr ein „Hoch“. Wie ist das zu erklären?
Peck: Vor Weihnachten wollen sich ganz einfach viele nicht mit ihrer prekären Finanzlage auseinander setzen. Das ist ihnen zu stressig.
Der Handel macht aber doch einen guten Teil seines Jahresumsatzes zu Weihnachten. Sind da finanzschwache Menschen gerade in dieser Zeit nicht noch extra gefährdet?
Peck: Es gibt schon Verlockungen, vor denen ich hier explizit warnen möchte. Möbelhäuser werben z.B. tagtäglich mit dem Slogan „Heute kaufen – 2010 zahlen“. Was aber, wenn 2010 kein Geld da ist, um den fälligen Betrag zu bezahlen? Dann wird der Betrag von einer Bank in einen Kredit umgewandelt, für den dann noch zusätzlich 7 oder 8 Prozent Zinsen zu bezahlen sind. Eine weitere Gefahr sehe ich in den Versandhäusern: Menschen, die keine Bankomat- oder Kreditkarte mehr haben, werden vorn Versandhäusern immer noch bedient, aber auch diese Rechnungen wollen beglichen werden…
Worin sehen Sie die Hauptursachen der Verschuldung?
Peck: Scheidungen, Trennungen, Hauskauf, Arbeitslosigkeit, Selbständigkeit – geplatzte Lebensträume irgendwie. Und natürlich auch falsches Konsumverhalten. Man leistet sich mehr, als man sich leisten kann.
Immer wieder hört man, dass vor allem junge Leute in die Schuldenfalle tappen…
Peck: Richtig. Schulden kann man ab 18 machen – und die, die zu uns kommen, haben mit 25 bereits durchschnittlich 27.000 Euro Schulden.
Wie ist das möglich, in so kurzer Zeit?
Peck: Hauptbetroffen sind junge Männer, für die das Auto das wichtigste ist. Und es darf natürlich kein kleiner Gebrauchter sein, sondern das Auto muss „alle Stückerln“ spielen. Dann wird es zu Schrott gefahren, und das nächste wird angeschafft. Dazu kommen die Handykosten. Wobei hier die Handy-Industrie mittlerweile selbst schon bremst.
Ist es überhaupt möglich, diese jungen Leute zu „sanieren“?
Peck: Gerade gegenüber der Jugend zeigen die Gläubiger Verständnis. Da haben wir gute Erfahrungen. Wie überhaupt generell die Gläubiger verständnisvoll sind.
Wer kann besser mit Geld umgehen – Männer oder Frauen?
Peck: Zwei Drittel unserer Klienten sind Männer.
Und was ist die Verschuldungsursache Nummer Eins bei den Frauen? Doch die Kaufsucht? Oder die Kindererziehung?
Peck: Nein, Kaufsucht ist nur so ein Klischee. Und auch Kinder sind keine Schuldenfalle. Die meisten verschuldeten Frauen haben mit rosaroter Brille für ihre Männer gebürgt – dann geht die Beziehung in die Brüche, und schon werden die Frauen zur Kassa gebeten.
Wie kann es passieren, dass man mehr Geld ausgibt als man hat?
Peck: Der grundsätzliche Einstieg in eine Schuldner-Karriere ist die Kontoüberziehung. Sie haben z.B. einen Überziehungsrahmen von 1000 Euro ausgeschöpft, den Sie nicht bedecken können. Die 1000 Euro werden von der Bank in einen Kredit umgewandelt, plus saftige Zinsen. Gleichzeitig bleibt der Überziehungsrahmen bestehen. Sie überziehen das Konto also wieder und so weiter und so fort. Hier muss man wirklich aufpassen und wir warnen speziell die Jugend vor solchen Fallen.
Welche Chancen haben verschuldete Menschen?
Peck: Im Prinzip gute, wenn sie den Weg in unsere Beratung finden. Nur 10 Prozent aller unserer Klienten müssen Privatkonkurs mit Lohnpfändungen etc. anmelden. Die meisten Schulden können außergerichtlich beglichen werden. Was ich aber betonen möchte: Zu sagen, jetzt lebe ich mal auf großem Fuß und dann gehe ich halt in Privatkonkurs und lass mich sanieren – das geht nicht. Hier liegt dann Betrug vor.
Danke für das Gespräch
Die Schuldnerberatung Wiener Neustadt (2700 Wiener Neustadt, Kesslergasse 11, Tel.02622 84855 Fax 02622 84855 20 E‑Mail wr.neustadt@sbnoe.at, Internet: www.sbnoe.at) betreut auch die Bezirke Baden, Mödling und Neunkirchen.
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