Cagliari hat mir heute mit einem sensationellen Regenbogen und einer prachtvollen Abendstimmung zwei unwiderstehliche Liebeserklärungen gemacht.
Regenbogen: Wäre ich eine Minute zu früh vom Gipfel zurückgegangen oder 10 Minuten später hingekommen. Hätte ich meinen Blick horizontwärts gerichtet, aufs Meer hinaus, und nicht stadteinwärts. Hätte ich überhaupt heute in der Früh einen anderen Plan gefasst, oder wäre ich angesichts der tief hängenden Regenwolken auf halbem Weg umgekehrt…Ich hätte ihn nie gesehen, „meinen“ Regenbogen, von der Sella del Diavolo aus, das ist die Cagliari vorgelagerte Halbinsel, sie erhebt sich rund 140 Meter hoch über dem Strand und der Stadt. Plötzlich war er da, „mein“ Regenbogen – spannte sich über die halbe Stadt mit ihren drei Wasserflächen – dem glitzernden Meer, den geometrisch angelegten Salinen und dem Süßwassersee mit seinen Flamingos. Und er umrahmte auch noch die Gebirgskette im Hintergrund. Ich habe noch nie einen so vollkommenen Regenbogen gesehen, und seine Farben fielen alle vor meinen Augen ins Meer. Ich glaubte zu schweben und war im Bewusstsein eines unvergesslichen Moments, da oben über Cagliari, am 1. November 2010 von 12.30 bis 12.45 Uhr. Es war als hätte mir die Stadt eine Liebeserklärung gemacht…
Wolken: Der unvergessliche Moment dauerte an. Ständig wechselten die Lichtstimmungen: Wolken ballen sich zusammen und treiben auseinander. Ein Regenguss durchnässt mich, mein Gewand klebt an mir, und dann funkelt wieder die Sonne draußen am Meer und in einer frischen Pfütze. Es duftet nach Oregano und hin und weiter schreit eine Möwe. Die Stunden werden zu Momenten, und ich habe mit der Sella del Diavolo einen neuen Ort gefunden, den ich immer wieder besuchen werde, solange es mich nach Cagliari zieht. Oder solange Cagliari mich zu sich zieht.
Liebeserklärungen: Die Stadt macht mir heute noch eine weitere Liebeserklärung. Ich stehe nach der Sella del Diavolo auf einem zweiten Aussichtspunkt – dem Monte Urpino. Die Stadt breitet sich – in allen ihren Farben von Gelb über Ocker bis Orange und Rostrot – westlich und östliches des Hügels vor mir aus, hineingeschmiegt in einen lichtblauen Himmel mit schwarzweißen Wolken. Im Westen die Altstadt, im Osten die Wasserstadt mit dem acht Kilometer langen Strand, den Salinen und dem Süßwassersee. Ich habe noch eine Stunde bis Sonnenuntergang, und ich bekomme immer mehr das Gefühl, Teil eines großen Gemäldes zu sein.
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1. November 2010, Cagliari, Sella del Diavolo, Monte Urpunto. Auf ein Foto vom Regenbogen verzichte ich vorläufig, ich wünsche allen, die es lesen, ihren eigenen Regenbogen ins Herz…