Stopp aller Abschiebungen, Recht auf Bewegungsfreiheit, Arbeit, auf mehr als 40 Euro Taschengeld pro Monat, auf vertrauenswürdige DolmetscherInnen, Recht auf Fernsehen und Internet im Lager, um mit ihrer Heimat verbunden bleiben zu können. Und sie wenden sich gegen das Dublin II-Abkommen, das eine Rückschiebung in angeblich sichere Drittländer ermöglicht, jedoch nicht beachtet, dass die Betreuung von Flüchtlingen in verschiedenen europäischen Ländern durchaus extrem unterschiedlich ist (katastrophale Zustände etwa in Griechenland).
Um 9 Uhr hätte der Marsch losgehen sollen, und Hunderte Flüchtlinge wollten sich beteiligen. Doch es ist längst 9 Uhr vorbei, und nur einige wenige stehen auf der Otto Glöckelstraße vor dem Lager. Sie werden dort von österreichischen Organisationen, durchwegs junge Leute, mit heißem Tee, Obst, Aufstrichen und Brot versorgt. Und mit warmer Kleidung. Denn die meisten Flüchtlinge haben nur dünne Trainingsjacken an, manche gar nur Sandalen oder Flip-Flops an den Füßen. Zu wenig für Temperaturen unter 10 Grad.
Langsam sickert durch, warum der Zuspruch so „mager“ sein könnte. Es soll – unüblich für einen Samstag – langwierige Anwesenheitskontrollen im Lager geben. Und angeblich werde den Flüchtlingen gedroht, dass sie ihren Asylstatus verlieren würden, wenn sie sich an der Demonstration beteiligen. Interventionen beim Innenministerium seitens österreichischer Organisationen. Pressesprecher Grundböck betont, dass jeder Flüchtling das Recht wahrnehmen könne, sich an der Kundgebung zu beteiligen. Franz Schabhüttel (Lager-Chef) weist alle Vorwürfe zurück.
Durch die Gitter der Lagertore sieht man, dass manche Flüchtlinge „ganz gerne“ nach draußen gekommen wären, sich aber doch nicht entschließen konnten. Zwischendurch fliegt mal ein Volleyball zwischen drinnen und draußen hin und her – und sorgt für Spaß und originelle Überwindung von meterhohen Grenzen.
Die Security ist machtlos und schreitet nicht ein.
Zahlreiche TV-Kameras und Zeitungsreporter beobachten das Geschehen. Interviews und Fotos sind nicht ganz einfach zu bekommen, denn viele Flüchtlinge wollen nicht fotografiert werden, weil sie Konsequenzen für schwebende Asylverfahren fürchten. Andere wieder drängen sich geradezu vor die Kameras, um ihr Schicksal – in welcher Sprache auch immer – kundzutun.
Um 11 Uhr setzt sich der Marsch in Bewegung, um schließlich neun Stunden später Wien zu erreichen. Im Votivpark wird ein Camp errichtet, das so lange „bewohnt“ werden soll, bis die Forderungen der Flüchtlinge ernsthaft gehört werden. Das könnte ein langer kalter Winter werden.
Flüchtlingsproteste werden international immer häufiger. Vor dem Brandenburger Tor in Berlin gibt es auch ein Camp, um den Forderungen nach Menschenwürde Druck zu verleihen. Das Camp ist die Endstation eines Flüchtlingsmarsches über mehrere hundert Kilometer von Würzburg nach Berlin.